Die Fußgängerzone in der Euskirchener Innenstadt mit braunem Wasser überflutet.
Die Euskirchener Innenstadt am Morgen des 15. Juli 2021. © Foto: C. Lange

Die Flutkatastrophe im geSCHICHTEN-Blog? Was hat es denn damit auf sich?

Die Flutkatastrophe im Juli 2021 mit schweren Sturzfluten und Überschwemmungen in Westeuropa hatte verheerende Folgen für Menschen und Umwelt. Zwischen dem 12. und 19. Juli 2021 verursachte das Tief „Bernd“ schwere Niederschläge. Den Höhepunkt bildeten die Regenmassen am 14. Juli – in Nordrhein-Westfalen sind fast alle Nebenflüsse des Rheins mit teils historischen Höchstständen über die Ufer getreten. Auch im Kreis Euskirchen machten sich die drastischen Auswirkungen stark bemerkbar. Menschen starben. Die Strom- und Trinkwasserversorgung, sämtliche Mobilfunknetze und die Verkehrsinfrastruktur fielen in weiten Teilen aus oder wurden zerstört. Enorme Schäden an Infrastruktur und Gebäuden sind zum Teil bis heute sichtbar.

Aber was hat nun die Flutkatastrophe mit dem Rheinischen Revier zu tun?

Auf den ersten Blick vielleicht wenig… Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch viele Überschneidungen und Verflechtungen mit dem Projekt „geSCHICHTEN Rheinisches Revier“!

Erstens: Geographisch betrachtet liegt der Kreis Euskirchen im Süden des Rheinischen Reviers.

Auf der Karte ist der südöstliche Teil des Rheinischen Reviers zu sehen. Oben links endet die Karte mit dem Tagebau Hambach.
Verortung Euskirchens im Rheinischen Revier. © Datenlizenz Deutschland-Zero-Version 2.0 LVR-ILR, Bonn

Zweitens: Im geSCHICHTEN-Projekt geht es um Umbrüche im Rheinischen Revier in den letzten 7500 Jahren. Wir betrachten Veränderungen, die das Leben der Menschen in der Region nachhaltig prägen. Angefangen mit der Sesshaftwerdung etwa 5300 v. Chr., über die Romanisierung der Region und die gesellschaftlichen Neuerungen in der Französischen Zeit bis zur aktuell stattfindenden Dekarbonisierung des Reviers, um nur einige der großen Umbrüche zu nennen. Daneben gibt es aber auch lokale, kleine Umbrüche, die verhältnismäßig weniger weitreichende Auswirkungen haben, aber dennoch das Leben der Menschen stark beeinflussen. Die Flutkatastrophe 2021 stellt für die Betroffenen im Kreis Euskirchen einen solchen Umbruch dar. Die Auswirkungen und langfristigen Folgen sind bis heute zu sehen und zu spüren: Leerstand, zerstörte Häuser, noch immer eingeschränkte Infrastruktur und psychische und physische Folgen für die Bewohner*innen der Region. Aber auch: eine Stärkung der Gemeinschaft, ein größeres Zusammengehörigkeitsgefühl und eine überdurchschnittlich moderne Innenstadt mit frisch renovierten Geschäften und Häusern.

Drittens: Es gibt Parallelen zur Umsiedlungsthematik in den Braunkohlegebieten. Viele Betroffene der Flutkatastrophe stellten sich nach dem Unwetterereignis die Frage, ob sie ihr Zuhause wiederaufbauen oder den Ort verlassen. Natürlich sind die Situationen nicht direkt vergleichbar: Die Betroffenen der Umsiedlung aufgrund der Inanspruchnahme des Landes zur Braunkohlegewinnung wissen lange im Voraus, dass sie ihr Zuhause verlassen müssen. Die Umsiedler*innen standen der Situation aber mehr oder wenig machtlos gegenüber und konnten nicht selbst über ihre Zukunft entscheiden. Die Betroffenen der Flutkatastrophe hingegen wurden plötzlich und unerwartet aus ihrem Alltag gerissen und vor die Frage gestellt, was sie mit ihren teilweise komplett zerstörten Häusern machen. Im Gegensatz zu den Umsiedler*innen konnten sie darüber aber frei entscheiden. Gemein haben die Betroffenen der Umsiedlung und der Flutkatastrophe, dass sie sich mit dem Verlassen und der Zerstörung ihrer Heimat auseinandersetzen mussten.

Viertens: Die Nutzung von Braunkohle für Energiegewinnung ist neben anderen menschgemachten Veränderungen ein Grund für die Klimaerwärmung und den Klimawandel. Die Wetterextreme nehmen zu: Hitze, Stürme, Regenmassen. Die Flutkatastrophe von 2021 ist als Folge des Klimawandels zu betrachten. Daneben müssen selbstredend auch die infrastrukturellen Gegebenheiten bei der Schwere der Auswirkungen auf den menschlichen Lebensraum beachtet werden: Die vielen dicht besiedelten Gebiete mit versiegelten Flächen ohne ausreichende Ablaufmöglichkeiten sind mitverantwortlich für die zerstörerische Wirkung der Wassermassen.

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