Ausschnitt Hurtz Landmaschinenwerbung aus dem Jahr 1952 (Quelle: www.landtechnik-historisch.de)

Holzweiler im Rheinischen Revier hat eine interessante Vergangenheit. Es gehört zu den Orten, die bei den ersten Planungen für das Abbaufeld Garzweiler 2 eigentlich weggebaggert werden sollten. In einer Leitentscheidung aus dem Jahr 2021 jedoch war beschlossen worden, dass den Menschen in Holzweiler die Umsiedlung erspart bleibt. Allerdings bleiben die Belastungen als Tagebaurand-Gemeinde. Aber Holzweiler hat nun wieder eine Zukunft und am Rande des Ortes wird in den nächsten Jahren ein Dokumentationszentrum zum Kulturlandschaftswandel entstehen.

Historisch hatte der Ort auf wirtschaftlichem Gebiet Einiges aufzuweisen. So existierte eine Landmaschinenfirma, die über die Region hinaus bekannt wurde. Ein Blick in die Geschichte dieser Firma scheint interessant:

Foto des Firmengründers Adam Hurtz (Quelle: Paul Blaesen: Holzweiler – Ein rheinisches Dorf in preußischer Zeit 1815 bis 1947, Mönchengladbach 1988, S.127.)

Adam Hurtz, 1854 geboren, zog 1879 nach Holzweiler und gründete dort eine Schmiede. Von ihm wurden das Abschlussgitter im Turm der Holzweiler Kirche, die Kerzenleuchter und das Turmkreuz sowie die Tür mit Seitengittern am Friedhof in Holzweiler geschmiedet. Aus dieser Schmiede entwickelte sich eine Landmaschinenfabrik, die zeitweise mehr als 60 Angestellte hatte. Aber auch in anderen Bereichen war die Firma tätig. Als Holzweiler 1910 elektrifiziert wurde, sind die meisten Arbeiten dafür im Ort von der Firma Hurtz übernommen worden. 1922 übernahmen die vier Söhne die Firma.

Werbeinserat aus dem Jahr 1921 (Quelle: Paul Blaesen: Holzweiler – Ein rheinisches Dorf in preußischer Zeit 1815 bis 1947, Mönchengladbach 1988, S.127.)

In den Feldern ringsum baute man vielfach Zuckerrüben an. Für die sehr beschwerliche Arbeit der Rübenernte per Hand wurden viele Menschen gebraucht. Daher entwickelte die Firma Hurtz u.a. eine spezielle Maschine zum Ernten von Zuckerrüben. 1941 bot sie eine zweireihige Rübenkopfmaschine an, die deutschlandweit reißenden Absatz fand, denn inzwischen herrschte wegen des Zweiten Weltkrieges bereits starker Arbeitskräftemangel. Der Betrieb konnte der Nachfrage nur teilweise nachkommen. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Konkurrenz so groß, dass der Betrieb 1963 nicht mehr konkurrenzfähig war und die Fertigung einstellen musste.

Hurtz Landmaschinenwerbung aus dem Jahr 1952 (Quelle: www.landtechnik-historisch.de)

Über das gesellschaftliche Engagement der Familie wird Folgendes erzählt: Am 12.03.1933 fand die letzte Gemeinderatswahl nach der Verfassung der Weimarer Republik statt, bei der Anton Hurtz (einer der Söhne von Adam Hurtz) als Mitglied gewählt wurde. Für die erste Sitzung am 15.04.1933 allerdings hatte sich Anton Hurtz absichtlich entschuldigt. Diese Sitzung war nämlich die erste unter der Naziherrschaft und erfolgte mit Treuegelöbnis auf die neue Regierung. Darüber hinaus wurden mehrere Umbenennungen vorgenommen und der Marktplatz fortan „Adolf-Hitler-Platz“ genannt.

Durch sein Fortbleiben hatte sich Anton Hurtz bei den Nazis unbeliebt gemacht. Als die Firma dann 1939 auch noch wagte, eine Rechnung an die Gemeinde für die Beleuchtungsmontage am gemeindlichen Weihnachtsbaum zu stellen, reagierte der Gruppenleiter der NSDAP-Ortsgruppe verärgert und verfasste ein Antwortschreiben an die Firma, in der er die Bezahlung ablehnte:

„Jeder Volksgenosse ist heute freudig bereit, ehrenamtliche Mitarbeit am Aufbau der Gemeinschaft zu leisten“ schrieb er und man habe deshalb eine ehrenamtliche Leistung erwartet. Er war der Meinung: „Auch Ihnen kann ein kleines Opfer für die Gemeinschaft zugemutet werden“. Die Antwort gipfelte in der Feststellung: „Dass Sie der Volksgemeinschaft keinen Dienst leisten wollen, habe ich im übrigen zur Kenntnis genommen.“

So wie Anton Hurtz haben sicher auch andere im Nazideutschland sich vom Regime distanziert. Leider existieren im vorliegenden Fall keine weiteren Informationen über mögliche Auswirkungen.

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