Plakat „Ich bin Bergmann! Wer ist mehr?“, 1952 (© Screenshot: KuSeRa)

„Ich bin Bergmann, wer ist mehr?!“ war eine Losung, die in der DDR stark gefördert wurde.

Der Stolz auf die Arbeit im Bergbau, ob im Kupfer oder in der Braunkohle, widerspiegelt sich stark in der Erinnerung und in den Erzählungen der Bergleute. Das Bewusstsein, eine besonders wertvolle volkswirtschaftliche Arbeit im Bergbau zu leisten, wurde durch den DDR-Staat stark gefördert. Da hier besonders großer Mangel an Arbeitskräften herrschte, galt es für die DDR-Volkswirtschaft, das Berufsbild attraktiver zu machen. Beispielsweise wurden neue Lehrlinge in den 50er-Jahren vom Jugendblasorchester der Ausbildungsstätte des Kupferschieferbergbaues in den schmucken, schwarzen Bergarbeiteruniformen mit dem Bergmannslied „Glück auf, der Steiger kommt“ empfangen.[1] Dazu dienten auch entsprechende, in den Lehrbüchern, Kulturhäusern sowie Traditionskabinetten vermittelte Geschichten.

Das Mansfeldkombinat „Wilhelm Pieck“ mit Sitz in der Lutherstadt Eisleben und das Braunkohlenkombinat „Erich Weinert“ in Deuben waren die größten Arbeitgeber in Mitteldeutschland. In der Regel fanden hier die Familien komplett in den unterschiedlichen Bereichen Arbeit, denn auch Polikliniken, Krankenhäuser, Ausbildungsstätten, Kindergärten, Kantinen und Verkaufseinrichtungen gehörten den Kombinaten.

Neben Qualifizierungsmöglichkeiten wurden zahlreiche kulturelle Betätigungsfelder, wie z.B. Bergmannschor und -orchester, Tanzgruppen, Amateurtheatergruppen, Schreib- und Malzirkel, Schachklubs und ähnliches ermöglicht. Diese Angebote hatten im Zusammenhang mit dem kulturpolitischen Konzept des „Bitterfelder Weges“ ihren Anfang genommen und bezogen sich immer auch auf die Familienmitglieder der Betriebsangehörigen. In den Kulturhäusern fanden auch die Brigade- und Betriebsfeiern statt, die heute einen wichtigen Teil der Erinnerungen darstellen.

Vergünstigungen für die Bergarbeiter

Schnapsflasche DDR
Schnapsflasche, Branntwein für Bergarbeiter (© Foto: DDR Museum)

Viele Erinnerungsgeschichten handeln dabei auch von den Vergünstigungen, die der DDR-Staat den im Bergbau Tätigen anbot: Neben einem früheren Renteneintritt und mehr Urlaubstagen gehörte dazu auch die steuerfreie Abgabe von Spirituosen an Bergarbeiter. Pro Monat erhielt ein im Bergbau Tätiger 2 Flaschen Trinkbranntwein zu 1,60 Mark statt 14,50 Mark, im Winter zwei Liter und im Sommer einen Liter pro Monat. Bei Normübererfüllung erhöhte sich die Menge. Hergestellt wurde der Branntwein mit einem Alkoholgehalt von 32 Vol.-% meist in Brennereien, die in der Nähe von Bergbaubetrieben lagen. Der Weiterverkauf des Branntweins oder der Berechtigungsscheine war verboten und ein Verstoß gegen dieses Verbot wurde strafrechtlich verfolgt. Allerdings gibt es aus dem privaten Bereich viele Geschichten, wie man dieses Verbot z.B. durch Likörherstellung zu umgehen suchte.[2]

Etwa zwischen 1968 und 1972 hat ein findiger Grafiker, Karl Otto Schubert, auf das Etikett des Trinkbranntweins für Bergarbeiter folgenden Text setzen lassen: „Sinnvoll mäßig aber regelmäßig nach gefahrener Schicht kann er therapeutisch die Gefahr einer sich anbahnenden Silikose vermeiden“, was natürlich zynisch gemeint war. Nachdem der DDR-Führung dies bekannt wurde, sind viele tausende Etikette und Verpackungen sowie die Flaschen, die bereits mit diesem Etikett im Umlauf waren, sofort eingezogen worden.

Dies alles brach kurz nach der Wende weg, als von einem Tag auf den anderen Tausende entlassen wurden (Braunkohlekombinat 7.000 Menschen insgesamt, davon 4.000 sofort) und davon war in der Regel nicht nur ein Familienmitglied betroffen, sondern häufig ganze Familien. Diese Erfahrung des plötzlichen „Strukturbruchs“ (wie er von den Beteiligten im Unterschied zum Wandel genannt wird) schwingt in der Betrachtung des Kohleausstiegs heute bei vielen in Mittel- und Ostdeutschland mit.

Anmerkungen:

[1]      Horst Bringezu: Als Bergmann im Mansfelder Land, Zeitzeugen-Berichte, hrsg. Jürgen Jankofsky; Konrad Potthoff, Halle 1999.

[2]      Thomas Kochan: Blauer Würger. So trank die DDR. Aufbau-Verlag, Berlin 2011; Gundula Barsch: Von Herrengedeck und Kumpeltod: Die Drogengeschichte der DDR. Band 1: Alkohol – der Geist aus der Flasche. Neuland Verlagsgesellschaft mbH, Geesthacht 2009.

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