2021: Gesamtansicht vor der Zerstörung durch den Brand (© Foto: Silvia Wolf / LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR))

Tagebau Garzweiler 2012: Der erste Blick ins Loch (© Foto: Yannick Rouault)

Der vorliegende Text basiert auf einem Artikel des Autors in der Zeitschrift Denkmalpflege im Rheinland Heft 4, 2023.

Die ehemalige katholische Pfarrkirche St. Lambertus in Morschenich ist seit 1985 denkmalgeschützt. Nachdem 2020 die politische Entscheidung gefallen war, Morschenich nicht für den Tagebau abzubaggern, führte 2021 das Team des LVR-Amtes für Denkmalpflege eine großangelegte Analyse des Ortes durch. Dabei wurden einerseits charakteristische Merkmale des Dorfes und seine Geschichte untersucht, andererseits ging es aber auch darum, Wege aufzuzeigen, wie das Dorf unter Bewahrung seiner alten Bausubstanz in Zukunft wieder in Benutzung genommen werden kann. Am 17. April 2023 kam es aus ungeklärten Gründen zu einem Brand in der Kirche, die vollständig ausbrannte. Daraufhin überprüfte das LVR-Amt für Denkmalpflege den Denkmalwert der Kirche mit positivem Ergebnis. Aufgrund der großen Bedeutung des Gebäudes für die Ortsgeschichte bleibt die Kirche auch weiterhin denkmalgeschützt. In Zukunft soll die Kirche wiederaufgebaut werden und einer neuen Nutzung im wiederbewohnten Ort zugeführt werden.

Frühjahr 2023: Zustand nach dem Brand (© Foto: Vanessa Lange / LVR-ADR)

Tagebau Garzweiler 2012: Der erste Blick ins Loch (© Foto: Yannick Rouault)

Historische Entwicklung: vom Mittelalter bis zum Zweiten Weltkrieg

Die Baugeschichte von St. Lambertus ist eng mit der Geschichte des Dorfes Morschenich verbunden, das aus einer mittelalterlichen Rodung im Bürgewald hervorging. Dessen Rest ist der durch die Klimaprotest-Bewegung bekannte Hambacher Forst. 1308 wird in mittelalterlichen Quellen erstmals eine Kirche in Morschenich erwähnt. Lokalen Legenden zufolge gab es jedoch schon zu karolingischen Zeiten am Ort der Kirche eine Jagd-Kapelle aus Holz, für die es jedoch bisher keine baulichen Belege gibt. In romanischer Zeit wurde dann die erste Morschenicher Kirche aus Stein errichtet. Mitte des 16. Jahrhunderts kam es zu einem Neubau der Kirche. Dieser Bau bestand bis ins 18. Jahrhundert, bis im Jahr 1785 ein Neubau erstellt wurde. Zu einem weiteren Neubau kam es um 1870, vermutlich im Zusammenhang mit dem großen Dorfbrand von 1861. Dieses Gebäude ist aus Fotografien bekannt und bestand bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, als die Kirche 1944 bei einem Luftangriff schwer zerstört wurde und große Teile der Ausstattung vernichtet wurden.

Wiederaufbau in den 1950er-Jahren

Bereits in den ersten Jahren nach dem Krieg bestanden verschiedene Überlegungen zum Wiederaufbau der Kirche, die jedoch nicht in die Tat umgesetzt wurden. Die Pläne konkretisierten sich als 1952 der Kirchenvorstand in Kontakt mit dem Düsseldorfer Architekten Josef Lehmbrock trat und dieser im selben Jahr eine detaillierte Baubeschreibung vorlegte. Josef Lehmbrock (1918–1999) war einer der bedeutendsten Architekten des Kirchenbaus nach dem Zweiten Weltkrieg im Rheinland. Der gelernte Schreiner war architektonisch Autodidakt, begann jedoch trotzdem unmittelbar nach dem Krieg erfolgreich als Architekt zu arbeiten, da großer Mangel an dieser Berufsgruppe bestand. Josef Lehmbrocks frühe Kirchenbauten der 1950er Jahre sind geprägt von einer bewusst gewählten Geste der Demut und Armut, die dem Zeitgeist entsprang und die sich auch in der schlichten Kirche in Morschenich findet.

Lehmbrocks Konzept für Morschenich sah vor, dass die noch vorhandenen Reste des Turmes und der Ostwand erhalten werden und in den Neubau integriert werden sollten. Dies geschah offenbar in Absprache mit dem rheinischen Landeskonservator, um die damals schon als denkmalpflegerisch wertvoll angesehenen Reste des Baus zu erhalten. Ausgehend von der als denkmalwert eingestuften Ostwand und dem Turm entwarf Lehmbrock eine nach Süden ausgerichtete Saalkirche mit Nebenschiff, die in einem halbrund in die Länge gezogenen, bugartigen Chor abschließt. Da die alte Kirche zu klein für die Gemeinde geworden war, vergrößerte Lehmbrock den Bau, indem er die erhaltene Westwand abreißen ließ und die Kirche an dieser Stelle um ein Nebenschiff erweiterte. Die Kirche fasste nun 330 Gläubige auf 130 Sitzplätzen und 200 Stehplätzen. Die neuen Teile des Kirchenschiffs wurden in mit Bruchstein verkleideten Betonmauern ausgeführt und führten so die Ästhetik der überlieferten Ostwand weiter. Wie schon der zerstörte Altbau, wurde das Dach des Neubaus mit Schiefer gedeckt. Der Grundstein konnte zwei Jahre später am 25. Juli 1954 gelegt werden. Ein Jahr später erfolgte die Weihe des Neubaus.

Um 1930: Ansicht der Kirche (© Foto: Geschichts- und Heimatverein Merzenich)
1953: Ansicht der Kirche von Süden nach Abbruch der übrigen Wände (© Foto: Geschichts- und Heimatverein Merzenich)

Neubau am Umsiedlungsort

Im Zuge der Umsiedlung in den 2010er Jahren zogen die meisten der Bewohner nach Morschenich (neu) um, da der alte Ort abgerissen werden sollte. Die Kirche wurde am 15. Juni 2019 profaniert und die mobile Ausstattung der Kirche zu großen Teilen entfernt. In Morschenich (neu) errichtete die Kirchengemeinde einen Kapellenneubau.

Zur Übersicht

Du möchtest eine geSCHICHTE beitragen?

Mehr erfahren