Campen unter Schaufelradbaggern in Ferropolis (© Foto: Annette Schneider-Reinhardt / LVR-ILR)

Was ist dies für ein seltsames Wort, wird sicher der eine oder die andere fragen. Wer einmal Latein in der Schule hatte, erinnert sich vielleicht (auch aus dem Chemieunterricht): Ferrum – das Eisen und Polis – die Stadt. Also – die „Stadt aus Eisen“.

Bei dieser sogenannten Stadt handelt es sich um eine Art Freilichtmuseum auf dem ehemaligen Betriebsgelände des Braunkohletagebaus Golpa-Nord bei Gräfenhainichen. Es liegt in Sachsen-Anhalt nordwestlich von Bitterfeld-Wolfen am Rande der Dübener Heide. Fünf riesige Bergbaumaschinen – aus Eisen – sind hier in Erinnerung an den ehemaligen Tagebau zum näheren Anschauen und sogar zum Teil zum Besteigen aufgereiht. Alle tragen Namen, Mad Max zum Beispiel ist ein Eimerkettenbagger auf Schienenfahrwerk, Mosquito ein Raupensäulenschwenkbagger auf Raupenfahrwerk und Gemini ein schwenkbarer, zweiteiliger Absetzer auf Schienenfahrwerk. Der ehemalige Tagebau ist heute ein See und die „Stadt aus Eisen“ befindet sich auf einer Halbinsel. Die Idee für Ferropolis entstammt einer studentischen Initiative an der Stiftung Bauhaus Dessau als EXPO2000-Projekt.

Ferropolis, Arena (© Foto: Annette Schneider-Reinhardt / LVR-ILR)

Zunächst ist in Ferropolis als Museumsbesucher*in viel über den Tagebau, der 1957 mit den Vorarbeiten begann, zu erfahren. Ab 1964 wurde hier Kohle gefördert und der Abbau 1991 eingestellt. Ferroplis war also „jahrzehntelang ein Ort entfesselter Industriekräfte und Umweltsünden, aber auch sicherer Arbeitsplätze und großartiger Leistungen der Arbeiter und Ingenieure im Bergbau.“ – so heißt es auf der Internetseite des Standorts.[1] Ebenso ist auf dem Gelände in der ehemaligen 30 kV-Station ein Museumsgebäude eingerichtet, in der sowohl die Schaltanlage als auch Fotos aus dem Tagebau und den abgebaggerten Dörfern Gremmin und Golpa zu sehen sind sowie ein Physik-Experimentierraum eingerichtet ist. Auf den Gebäudefassaden sind überlebensgroße Porträts von acht Bergleuten verschiedener Arbeitsgebiete vom Künstler Hendrik Beikirch symbolisch für die Arbeit aller Bergleute geschaffen worden.

2005 wurde FERROPOLIS Teil der „Europäischen Route des Industriellen Erbes“. Im Mai 2019 wurde die FERROPOLIS Stiftung Industriekultur gGmbH gegründet, die das Freilichtmuseum für Industrie- und Technikgeschichte betreibt. Seit 2023 hat in Ferropolis nun auch das Netzwerk Industriekultur Sachsen-Anhalt (NIK) sein Büro.

Die Abbaumaschinen sind gleichzeitig auch Kulisse für vielfältige Veranstaltungen. Auf der Arena vor und zwischen den Eisenmaschinen haben 25.000 Besucher*innen Platz. Herbert Grönemeyer, Peter Maffay, Nina Hagen, Udo Lindenberg, André Rieu, aber auch „Die Toten Hosen“ und Deep Purple sind hier schon aufgetreten. Peter Maffay sagte bei der Tour „Laut und Leise“ 2005: „Wir haben hier eine phantastische Location. Unter diesen Baggern werden noch viele spielen.“[2]

Außerdem kann man unter den Bergbaubaggern auch campen, ob im Zelt, im Wohnmobil oder Campinganhänger. Mit dem Vanlife Ferropolis existiert ein besonderes Messeevent für Camper*innen. Es gibt Workshops rund um das Thema Camping, aber auch Yogakurse am Seestrand. Man kann im See baden, tauchen und angeln sowie das Stand-up-Paddling üben oder Kajak fahren, und das alles vor der Kulisse der ehemaligen Bergbaubagger-Giganten.

Für Schülerinnen und Schüler hat man sich etwas Besonderes einfallen lassen: die Blackout-Erlebnistage. Hier können Kinder der Klassen 7 bis 10 nachvollziehen, was es bedeuten würde, wenn längerfristig kein Strom vorhanden wäre: Kein Licht, keine Heizung, kein warmes Wasser, kein Nahverkehr, kein Handyaufladegerät usw. Unter anderem haben die Schülerinnen und Schüler an diesen Tagen die Gelegenheit, ein Mittagessen ohne Strom zuzubereiten und stärken dabei ihre Kommunikations- und Teamfähigkeit.

Kunstprojekt von Hendrick Beikirch
„Spuren“ von Hendrick Beikirch. Porträts ehemaliger Kumpel an den Gebäudefassaden (© Foto: Annette Schneider-Reinhardt / LVR-ILR)

Anmerkungen:

[1]      https://www.ferropolis.de/de/cms/_redaktionell/10/Geschichte/17/Entwicklung.html

[2]     https://www.ferropolis.de/de/upload/Ferropolis_Broschuere.pdf

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