Morschenich, ein kleines Straßendorf, aus der Luft. Im Hintergrund ist der Tagebau Hambach zu sehen (Foto: © LVR-ADR, Anna Graff).
Morschenich aus der Luft mit Blick Richtung Tagebau Hambach (Foto: © LVR-ADR, Anna Graff).

Morschenich-Alt – Ein mittelalterliches Dorf als Ort der Zukunft?

In dieser geSCHICHTE nehmen wir Euch mit auf eine kleine Radtour durch Morschenich-Alt. Auf dem Weg sind einige kleine, aber spannende geSCHICHTEN zu finden, die Ihr mit uns im doppelten Sinne „erfahren“ könnt.

Der Ort Morschenich-Alt liegt ganz nah am Braunkohletagebau Hambach. Lange war beschlossen, dass das kleine Dörfchen dem Bagger weichen sollte. Doch dann wurde im Jahr 2020 in letzter Minute entschieden: Morschenich-Alt bleibt! Das durch vorangegangene Umsiedlung fast menschenleere Dorf soll nun ein "Ort der Zukunft" werden. Das Ortsschild kündigt dies schon bei der Einfahrt in Morschenich an.

Morschenichs 2021 eingeweihtes Ortsschild, Blick von Südwesten über die Ellener Str. Richtung Kirche (Foto: © LVR-ADR, Silvia Margrit Wolf).
Morschenichs 2021 eingeweihtes Ortsschild, Blick von Südwesten über die Ellener Str. Richtung Kirche (Foto: © LVR-ADR, Silvia Margrit Wolf).

Doch was tun mit dem Ort, wie kann hier die Zukunft einziehen? Und wäre nicht zumindest ein Teil der alten geSCHICHTEN wert, diesen Weg mitzugehen? Vor allem die Struktur und die Bauten des historisch gewachsenen Straßendorfs erzählen von der langen und wechselvollen geSCHICHTE Morschenichs. Hier war Expertenrat gefragt, und den geben die beiden LVR-Denkmalpfleger Philipp Huntscha und Fabian Kröning in einer Studie. Zwei kleine geSCHICHTEN daraus, die bei den Arbeiten zutage kamen, seien hier kurz vorgestellt.

Die Oberstraße und ihre dichte Bebauung

Mit dem Rad von Buir kommend erreichen wir Morschenich-Alt von Osten über die Elsdorfer Straße. Diese trifft mitten im Ort auf die Oberstraße, der wir zunächst einige Meter nach links folgen, um uns dann den Straßenverlauf Richtung Südosten anzusehen.

Blick von Nordwesten durch die Oberstraße (Foto: © LVR-ILR, Kerstin Schierhold).
Blick von Nordwesten durch die Oberstraße (Foto: © LVR-ILR, Kerstin Schierhold).

Die Häuser stehen dicht an dicht und direkt an der Straße. Es gibt keine Vorgärten und nur einen schmalen Bürgersteig. Philipp und Fabian haben herausgefunden, warum: Im Jahr 1861 gab es einen großen Brand, dem ein Großteil der alten Häuser und Hofanlagen der Oberstraße zum Opfer fielen. Beim Wiederaufbau setzte man dann die neuen Häuser unmittelbar aneinander. So nutzte man die gesamte Breite des zur Verfügung stehenden langschmalen Grundstücks aus. Außerdem wurde sehr darauf geachtet, dass alle neuen Häuser an der Straße in einer Linie standen.

Die Unterstraße oder Wie man in den 1950er Jahren zeigte, wer man war

Auf der Oberstraße Richtung Norden fahrend erreichen wir die Unterstraße, an deren Ende in den 1950er-Jahren eine kleine Arbeitersiedlung für die Beschäftigten aus dem Braunkohletagebau entstand.

Blick von Süden durch die Unterstraße, leicht zurückgesetzte Arbeiterhäuser (© Foto: LVR-ILR, Kerstin Schierhold
Blick von Süden durch die Unterstraße, leicht zurückgesetzte Arbeiterhäuser (© Foto: LVR-ILR, Kerstin Schierhold

Hier haben die Häuser nun Vorgärten, und sie stehen auch weiter auseinander. Trotzdem sind sie durch Garagen miteinander verbunden, und bilden so eine „Front“ zur Straße hin, genau wie die ältere Bebauung in der Oberstraße. Und achtet mal auf die rot geklinkerten Häuser im Gegensatz zu den hell verkleideten: Sie stehen unterschiedlich weit weg von der Straße. Es war wohl so, dass die Arbeiterfamilien in den weiter zurückgesetzten, und diejenigen der Vorgesetzten in den näher an der Straße liegenden Häusern lebten.

Blick von Süden durch die Unterstraße, im Vordergrund leicht vorstehende Häuser der Vorgesetzten (© LVR-ADR, Silvia Margrit Wolf).
Blick von Süden durch die Unterstraße, im Vordergrund leicht vorstehende Häuser der Vorgesetzten (© LVR-ADR, Silvia Margrit Wolf).

Aus der Vergangenheit Zuversicht für die Zukunft schöpfen

Es lassen sich noch viele weitere geSCHICHTEN über Morschenich-Alt erzählen.
Eine auf den ersten Blick traurige geSCHICHTE fällt beim Durchfahren des Orts auf: Die kleine zentral gelegene Kirche brannte aus ungeklärter Ursache im April 2023 bis auf die Grundmauern nieder.

Die Feuerwehr löscht letzte Flammen in der bis auf die Grundmauern niedergebrannten Kirche am 17. April 2023 (Foto: © Bernd Servos).
Die Feuerwehr löscht letzte Flammen in der bis auf die Grundmauern niedergebrannten Kirche am 17. April 2023 (Foto: © Bernd Servos).

Sie sollte im Morschenich der Zukunft eine Kultur- und Begegnungsstätte sein, und der Schock über die Nachricht des Brandes war groß.
Doch die jahrhundertealte geSCHICHTE der Kirche gibt Anlass zur Hoffnung: Sie berichtet von Zerstörungen durch Brände schon um 1700 und auch im 2. Weltkrieg. Aber beide Male konnte nichts die Morschenicher davon abhalten, ihre Kirche wiederaufzubauen!
Auch das Morschenich der Zukunft, so der feste Wille, ist ohne einen gemeinsamen kulturellen Treffpunkt undenkbar.

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