Virtuelle Rekonstruktion einer jungsteinzeitlichen Siedlung mit Langhäusern. Getreidefelder, Feldgarten und Viehkral umgeben die Bauten, rechts ist ein Brunnen, im Hintergrund sind Haustiere.
Virtuelle Rekonstruktion jungsteinzeitlicher Langhäuser mit Getreidefeldern, Feldgarten und Viehkral. Rechts ein Brunnen, im Hintergrund Haustiere (Grafik: © M. Kriek, Amsterdam/LVR-LandesMuseum Bonn).

„Revolution“: Alles neu in der Jungsteinzeit

Bis vor etwa 7300 Jahren lebten die Menschen im Rheinland in kleineren mobilen Gruppen und hatten keine dauerhaften Behausungen. Sie ernährten sich vom Jagen und Sammeln. Es war ein Leben in und mit der Natur, bei der man aktuell verfügbare Ressourcen nutzte. Ab 5300 v. Chr. wurde dieses bewährte Lebensmodell allerdings völlig auf den Kopf gestellt: Denn nun wanderten die ersten bäuerlich wirtschaftenden Gemeinschaften aus dem heutigen Ungarn über Österreich und Südwestdeutschland in das Rheinland ein. Sie brachten domestizierte, also gezüchtete Pflanzen, unter anderem Emmer und Einkorn, und die ersten Haustiere mit: Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen.

Nach und nach etabliert sich ein neuer Alltag

Die eingewanderten Menschen suchten für ihre Ansiedlung gezielt Standorte auf besonders fruchtbaren Lössböden. So hatten sie bessere Chancen für den Anbau der neuen Pflanzen. Diesen Boden fanden sie in der damals mit Lindenwald bedeckten Rheinbörde. Im dichten Urwald rodeten sie kleine Lichtungen frei. Darauf errichteten sie bis zu 30m lange Häuser, für deren Bau jeweils rund 40 Bäume zu fällen waren. Eines der wichtigsten Hilfsmittel bei dieser anstrengenden Aufgabe und gleichzeitig alltägliches Arbeitsgerät waren geschliffene Steinbeile. Ohne diese auf den ersten Blick unscheinbaren Werkzeuge, die ursprünglich mit einer Schäftung aus Holz versehen waren, sähe das Rheinland heute ganz anders aus!

Dechselklinge (Gerät aus Felsgestein zur Holzbearbeitung) aus Elsdorf-Niederembt.
Dechselklinge (Gerät zur Holzbearbeitung) aus Elsdorf-Niederembt (Foto: © J. Vogel, LVR-LMB).
Rekonstruktion einer Dechsel mit Knieholmschäftung und Rothautbindung (Foto: © J. Vogel, LVR-LMB).
Rekonstruktion einer Dechsel mit Knieholmschäftung und Rothautbindung (Foto: © J. Vogel, LVR-LMB).

Aus Natur- wird Kulturlandschaft

Um die Gebäude herum gab es Gärten, Felder, Viehpferche, Backöfen, Speichergruben und Werkplätze. Trinkwasser wurde unter anderem aus Holzkastenbrunnen gefördert. An den Rändern der Rodungsinseln hegte man Hecken. Der angrenzende Wald war weiterhin wichtig: Er diente zum Sammeln und Jagen, aber auch als Waldweide für das Vieh, da es zunächst nur wenig Grünland gab. Der Bau der Siedlungen und der Flächenbedarf für den Anbau von Getreide sorgten schließlich dafür, dass immer größere „Inseln“ im Wald entstanden. So entwickelte sich nach und nach eine Kultur- aus der bisherigen Naturlandschaft.

Virtuelle Rekonstruktion einer jungsteinzeitlichen Siedlung mit Langhäusern. Getreidefelder, Feldgarten und Viehkral umgeben die Bauten, rechts ist ein Brunnen, im Hintergrund sind Haustiere.
Virtuelle Rekonstruktion jungsteinzeitlicher Langhäuser mit Getreidefeldern, Feldgarten und Viehkral. Rechts ein Brunnen, im Hintergrund Haustiere (Grafik: © M. Kriek, Amsterdam/LVR-LandesMuseum Bonn).

Die neue Lebensweise war zwar anstrengend, aber sie sorgte auch für eine gewisse Sicherheit. Es war nun dauerhaft Nahrung am Wohnplatz verfügbar, und es war nicht mehr notwendig, sich aufzumachen und den Tieren zu folgen. So wurde der neue Alltag schließlich auch von den bereits zuvor im Rheinland lebenden Menschen übernommen.

Mit diesem Wechsel zur bäuerlichen Lebensweise griffen Menschen zum ersten Mal aktiv gestaltend und bald auch ausbeuterisch in ihre Umwelt ein. Die damit verbundenen Veränderungen: Sesshaftigkeit, Ackerbau und Viehzucht, Vorratsspeicherung, Vermehrung von Besitz, Bevölkerungsanstieg etc. betrafen nicht nur damals fast jeden Lebensbereich. Sie wirken bis heute nach und prägen inzwischen fast unsere gesamte globale Gemeinschaft.

Rekonstruktion einer jungsteinzeitlichen Landschaft: Blick aus der Vogelperspektive auf die rheinische Lössbörde vor ca. 7.100 Jahren mit Rodungsinseln im Lindenwald und jungsteinzeitlichen Siedlungen.
Rekonstruktion einer jungsteinzeitlichen Landschaft: Blick aus der Vogelperspektive auf die rheinische Lössbörde vor ca. 7.100 Jahren mit Rodungsinseln im Lindenwald und jungsteinzeitlichen Siedlungen (Grafik: © M. Kriek, Amsterdam/LVR-LandesMuseum Bonn).
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