Zahlenvergleich

In allen drei großen Revieren begannen die ersten Umsiedlungen etwa zeitgleich zwischen 1919 und 1925. Insgesamt verschwanden bereits bis 1950 im Mitteldeutschen Revier 11 Orte durch die Braunkohle, was die heutigen Bundesländer Sachsen (Böhlen/Zwenkau/Cospuden und Witznitz), Sachsen-Anhalt (Gräfenhainichen, Zeitz-Weißenfels, Geiseltal und Nachterstedt) und Thüringen (Altenburger Land) betraf.

Im Lausitzer Revier waren es jeweils vier Dörfer in Brandenburg sowie vier Dörfer in Sachsen und im Rheinischen Revier drei Dörfer sowie im Helmstedter Revier zwei. In den Folgejahren war der größte Schwund an Ortslagen im Mitteldeutschen Revier zu verzeichnen: Hier wurden zwischen 1951 und 1990 insgesamt 120 Dörfer weggebaggert. Im Lausitzer Revier verschwanden zwischen 1981 und 1990 insgesamt 55 Orte.

Im Rheinischen Revier fand der größte Abbruch von Dörfern in den Jahren von 1961 bis 1990 statt, hier mussten die Menschen aus 76 Dörfern umgesiedelt werden.

Insgesamt betroffen waren in ganz Deutschland etwa 410 Dörfer, die wegen der geförderten Braunkohle von den geographischen Karten verschwanden. Schaut man auf die Zahl der Menschen, die von Umsiedlungen betroffen waren, so mussten über etwa 100 Jahre hinweg insgesamt 130.000 Menschen umsiedeln. Flächenmäßig aufgeteilt auf die Länder, steht hier das heutige Sachsen-Anhalt mit etwa 28.000 umgesiedelten Menschen an trauriger erster Stelle. Im gesamten Mitteldeutschen Revier waren es sogar etwa 54.000 Menschen. Es folgt das Rheinische Revier mit etwa 40.000 Umgesiedelten und dann das Lausitzer Revier mit knapp 29.000 Betroffenen. Hier kam hinzu, dass auch im Zusammenhang mit der Braunkohle Talsperren gebaut wurden, um Brauchwasser für die Kraftwerke und für die Veredlungsbetriebe zu gewinnen, so dass auch deswegen Menschen umsiedeln mussten.

Umsiedlungsgrafik aus: Andreas Berkner/Kulturstiftung Hohenmölsen: Braunkohlenbergbau und Umsiedlung in Deutschland – Eine Gesamtbilanz. In: Bergbau und Umsiedlungen im Mitteldeutschen Braunkohlenrevier, Markkleeberg 2022.

Lausitzer Revier

Da hier die Bevölkerungsdichte geringer als in den anderen Revieren war, betraf die Umsiedlung meist Orte mit weniger als 500 Einwohner*innen. Aber man muss sich vorstellen, dass um 1988 nahezu 20 % aller Ortschaften des damaligen Bezirkes Cottbus in bestätigten Bergbaugebieten lagen. Sogar für Städte wie Zittau und Spremberg lagen bereits Planungen zum teilweisen Abbau vor. Nach der politischen Wende wurden diese und andere Planungen nicht weitergeführt.

Mitteldeutsches Revier

Hier beförderte die wachsende Braunkohlenindustrie seit Ende des 19. Jahrhunderts die Entwicklung ehemaliger Bauerndörfern zu Industriedörfern mit einem hohen Wachstum an Einwohner*innen vor allem bergbauerfahrener Menschen aus vielen Teilen Europas. Zum Beispiel wuchs die Beschäftigtenanzahl im Geiseltal bei Merseburg von 1.522 um 1910 auf 12.340 um 1960. Nach 1950 wurde größtenteils in neue Plattenbauten umgesiedelt. So kam es auch noch bis in die 80er-Jahre zu Stadtrechtsverleihungen an ehemalige, nun stark angewachsene, Dörfer wie z.B. Böhlen.

Zeitleiste des Braunkohlenabbaus in Deutschland, entnommen aus: Andreas Berkner/Kulturstiftung Hohenmölsen: Braunkohlenbergbau und Umsiedlung in Deutschland – Eine Gesamtbilanz. In: Bergbau und Umsiedlungen im Mitteldeutschen Braunkohlenrevier, Markkleeberg 2022.

Rheinisches Revier

Vor 1950 gab es hier kaum Umsiedlungen, erst mit der Unternehmensfusion zur Rheinbraun AG 1959 kam es zu großflächigen Abbauplanungen. „Bergbauschutzgebiete“, die in der DDR ausgewiesen waren und zu Bauverboten führten, gab es im Rheinischen Revier nicht, so dass es bis zum Umsiedlungsstatus kaum bauliche Beschränkungen gab.

Das Prinzip der „gemeinsamen Umsiedlung“ wurde hier ab den 60er Jahren entwickelt. Die Gestaltung der neuen Siedlungszentren mit detaillierten Bebauungsplanungen inklusive Grünanlagen spielte eine wesentliche Rolle, wie z.B. für Neu-Königshoven und Neu-Immerath. Standards für Entschädigungszahlungen wurden vom Lausitzer und Mitteldeutschen Revier ins Rheinische Revier übertragen.

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