Weinbau im Strukturwandel
Über die Bestrebungen, Halden als Weinberge zu nutzen
In den Rekultivierungsbemühungen aller Reviere spielt das Thema Weinanbau eine große Rolle. So sind sowohl im Mitteldeutschen als auch im Lausitzer Revier sowie neuerdings auch im Rheinischen Revier Bestrebungen im Gange, die Halden auch als Weinberge zu nutzen.
Mitteldeutsches Revier
Hier sind die Anbauversuche offensichtlich am weitesten gediehen. Im Geiseltal, einem ehemaligen Tagebau in der Nähe Merseburgs, ist heute einer der größten künstlichen Binnenseen mit 19 qkm Wasseroberfläche entstanden. Wandert man am Ufer des Sees entlang, gelangt man auf seiner Nordwestseite an einen Weinberg. Hier befindet sich eine Straußwirtschaft, in der man in gemütlicher Atmosphäre den „Goldenen Steiger“, einen Müller-Thurgau, genießen kann. Entstanden ist dieser Weinberg auf einer ehemaligen Kippe des alten Tagebaus. Sitzt man dort, dann hat man tatsächlich die Anmutung einer voralpinen Almlandschaft, denn unterhalb des Weinbergs grasen Kuhherden auf dem Haldengrund am Ufer des Sees. Unvorstellbar, dass hier noch bis Anfang der 90er Jahre Braunkohle abgebaut wurde. Der Winzer, der sich im Jahr 2000 auf den Versuch des Weinanbaus einließ, Lars Reifert mit seiner Familie, hat auch interessante Konzepte der Vermarktung entwickelt. So kann man einen Weinstock selbst in Pflege nehmen oder diesen als Patengeschenk für jemanden kaufen. Von einem solchen Weinstock erhält man dann zwei Flaschen mit dem eigenen Namen auf dem Etikett. Diese Idee wird sehr gut angenommen und inzwischen wird auch der Wein – zumindest in der Region – als sehr guter Tropfen geschätzt.
Lausitzer Revier
Der Weinbau ist in der Lausitz bereits seit dem 13. Jahrhundert belegt, der im 16. Jahrhundert sehr verbreitet war, aber Anfang des 20. Jahrhunderts sein Ende fand. Doch im Rahmen der Rekultivierung entstanden an den aufgeschütteten Haldenhängen neue Weinberge in ungewohnter Lage. Besonders günstig ist die Weinberglage am Großräschener Tagebausee. Die Weinsorten, die hier angebaut werden, sind Johanniter und Solaris, Cabernet blanc und Pinotin. Vor Ort kann man Weinbergführungen mit Verkostungen buchen und den Wein im Onlineshop bestellen.
Ebenfalls auf rekultiviertem Boden des ehemaligen Tagebaus Welzow und zwar auf dem ehemaligen Standort des Dorfes Wolkenberg wachsen heute u.a. Weißburgunder, Kernling und Roter Rießling und werden vom Winzerverein Drebkau bewirtschaftet.
Im Rheinischen Revier
An einem der großen Löcher im Rheinischen Revier, dem Tagebau Hambach zwischen Jülich und Elsdorf, entstand eine große Abraumhalde, etwa 200 Meter hoch, die Sophienhöhe. Inzwischen kann man hier sogar Wanderungen und Radtouren unternehmen. Neben Waldgebieten und Heidelandschaften wurden hier auch eine Obstwiese und ein Weinberg mit bisher 99 Rebstöcken angelegt. RWE hat diesen Weinberg inzwischen in die Obhut eines Vereins von Niederzier mit dem Namen: „Vinum Collegium Sophia“ übergeben. Dieser Verein hat sich dem Anbau des Blauen Portugieser auf der Sophienhöhe gewidmet. Wer auf der Sophienhöhe wandern geht, kann also diesen Weinberg entdecken.
Allen Revieren gemeinsam
Von allen in solchen Lagen anbauenden Winzer*innen wird übereinstimmend berichtet, dass gerade ehemalige Halden ideale Weinstandorte sein können. Das liegt an den idealen Hanglagen von 25 bis 30 % und daran, dass die Tagebauseen die Sonne reflektieren und tagsüber Wärme speichern, welche sie nachts an die Pflanzen abgeben.